1 - Die Strausberger Stadtmauer


Bild 1 - Die Strausberger Stadtmauer


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Die Altstadt von Strausberg wurde über Jahrhunderte von einem rund 1800 Meter langen Stadtmauerring umgeben. Vermutlich legten unsere Vorfahren nach 1200 um das Stadtgebiet zunächst Erdwerke und einen Palisadenring aus angespitzten Baumstämmen an. Aus der Altstadt heraus führten drei wichtige Wege, die jeweils durch Tore gesichert wurden: Im Süden das Landsberger Tor, im Osten das Müncheberger Tor und im Norden das Wriezener Tor. Zusätzlich führte die Kietzer Pforte zur Dienstleutesiedlung am Fischerkietz.

Die Anlage der Stadt auf einem Berg stellte von Beginn an einen strategischen Vorteil dar. Nach Osten wurde die mittelalterliche Siedlung zusätzlich durch die feuchten Niederungen geschützt. Der gefährdetste Abschnitt befand sich hingegen im Süden im Bereich des Landsberger Tores. Daher begannen die Bürger gerade hier mit der besseren Befestigung ihrer Stadt. Sie verwandten dazu die so genannte Feldsteinquadertechnik. Es handelt sich um die älteste Bautechnologie in Brandenburg, die für besonders wichtige Gebäude bis 1240 angewendet wurde. Alle übrigen Stadtmauern in der Mark Brandenburg sind auf die Zeit nach der Jahrhundertmitte anzusetzen. Damit konnte der Bauhistoriker Uwe Fathke nachweisen, dass im Bereich des Landsberger Tores und zum Straussee hin die erste steinerne Wehranlage Brandenburgs überhaupt entstanden und uns überkommen ist!

Der Bau der Befestigungsanlage war eine ebenso existenzielle wie fordernde Aufgabe, zu der damals alle Bürger herangezogen worden sind. Nach außen wurden besonders behauene oder glatte Feldsteine verwandt. Das hinderte Angreifer, die sieben Meter hohe Mauer zu erklimmen. Welche Sorgfalt die Bewohner damals aufbrachten, beweist der Bestand des Bauwerks über beinahe acht Jahrhunderte! Die Wallstraße erinnert mit ihrem Namen daran, dass hier vor Mauer und Tor eine in die Tiefe gestaffelte Wehranlage bestand.

Längs des Stadtmauerrings errichtete man 32 Wieck- oder Weichhäuser, von denen heute noch 17 in der Mauer baulich ablesbar sind. Das Mauerwerk war hier nicht etwa besonders weich, vielmehr „wichen“ diese Bauten aus der Linie der Stadtmauer heraus. Diese quer zum Mauerring ausgeführten Wieckhäuser übten somit eine statische Funktion aus. Außerdem konnten die Verteidiger, durch Zinnen geschützt, eventuelle Angreifer mit Armbrust, Pfeil und Bogen, Steinen oder Pech bekämpfen.

Die hohen Mauern boten im Mittelalter, also vor dem Aufkommen von Kanonen, einen sehr Schutz. Die größte Gefährdung ging bei längeren Belagerungen vom Abgraben des Mauerfußes, um die Mauer zum Einsturz zu bringen, aus. Auch hier erwies sich das Ausweichen der Wieckhäuser aus Baulinie des Mauerrings als Vorteil, konnten die Bürger das Mauervorfeld doch von oben nach beiden Seiten hin einsehen.

Nach beinahe 800 Jahren sind etwa zwei Drittel des mittelalterlichen Bauwerks ins Heute überkommen. Der Zahn der Zeit, aber auch mancherlei Eingriffe der Anrainer, haben ihre Spuren hinterlassen. Die Stadttore wurden Anfang des 19. Jahrhunderts aus verkehrlichen Gründen abgebrochen. Als letztes fiel 1950 der im Zweiten Weltkrieg beschädigte Pulverturm der Spitzhacke zum Opfer. Nur der westliche Turmschaft mit seinen quaderförmig behauenen Feldsteinen hat sich an der Georg-Kurtze-Straße 1 erhalten.

Im Rahmen der Städtebauförderung begann hier im Jahr 1995 die Sanierung der mittelalterlichen Stadtmauer von Strausberg. Bei diesem ersten Bauabschnitt beteiligte sich die Sparkasse Märkisch-Oderland als Anrainer an den Baukosten. Neben den quaderförmigen Bausteinen sind hinter dem Durchgang durch das Sparkassengebäude als Besonderheit an der Mauerkrone Schießscharten zu erkennen. Inzwischen konnte mit dem 14. Bauabschnitt auf der Ostseite der Altstadt die Sanierung der Stadtmauer abgeschlossen werden. Das baukulturell so wichtige Zeugnis der Strausberger Baugeschichte erscheint damit für die Zukunft gut gesichert. Es liegt jedoch in der Natur der Dinge, dass unsere Stadt auch in Zukunft in der Erhaltung und Pflege des Baudenkmals gefordert sein wird.



Einzeldenkmal: Ja