12 - Fischerkietz 6


Bild 12 - Fischerkietz 6


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Die Villa Fischerkietz 6 gehört zu den jüngeren Bauten direkt am Strausseeufer. Da, wo im Mittelalter die Fischer vom Straussee wohnten, entstand im auslaufenden 19. Jahrhundert eine Weißgerberei. Im Jahr 1896 eröffnete die Firma Willing und Violett direkt auf dem Grundstück das erste Elektrizitätswerk der Stadt. Die Kapazität reichte damals für 800 Glühlampen in der Stadt. Schon bald konnte die Versorgungsanlage den sprunghaft steigenden Strombedarf in Strausberg nicht mehr decken und vergrößerte sich nach nur zehn Jahren Betrieb am neuen Standort Igelpfuhl.

Im auslaufenden 19. Jahrhundert entdeckten begüterte Bürger die alte Fischersiedlung für sich und verdrängten die armen Leute. Andererseits suchten weitere Gewerbebetriebe die Nähe zum Wasser. Die 1906 errichtete repräsentative Fabrikantenvilla Fischerkietz 6 unterschied sich völlig von den älteren Wohngebäuden. Prominenter Bewohner war der Färbermeister Oswald Schulz. Er färbte und reinigte die Kleidung unserer Urgroßeltern. Nach seinem Tod soll hier eine Getränkeabfüllanlage und eine Schlosserei betrieben worden sein.

Durch Überschuldung der Eigentümerin wurde das Grundstück in den 1930er Jahren zwangsversteigert und von der städtischen Sparkasse erworben. 1957 sollen in den Gebäuden am Fischerkietz 102 Menschen gewohnt haben! Das alte Fabrikgebäude nutzte in den sechziger Jahren die PGH „Einigkeit“. Auch die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) war hier am See beheimatet.

Angesichts der attraktiven Lage am Straussee bestimmten die Stadtverordneten 1977 die Villa zum Sitz der städtischen Bibliothek. Zwanzig Jahre später zwangen jedoch ausbleibende Unterhaltungsmaßnahmen und insbesondere die Feuchtigkeit im Gebäude die Bücherei zum Verlassen der Villa. Sie zog wenig später in das nahe Stadthaus an den Marktplatz um.

In der Folge kaufte ein Oldenburger Energiedienstleister das Grundstück. Im Zuge der anschließenden Sanierung durch das Unternehmen entstand 2003 das Tagungszentrum „Am Fischerkietz“ und ein attraktives Restaurant mit Terrasse über dem Straussee.

Obwohl außerhalb des Stadtmauerrings gelegen, gehört das Grundstück Fischerkietz 6 wie alle Nachbargrundstücke am Kietz heute zum Denkmalbereich Altstadt Strausberg. In naher Zukunft wird ein Uferwanderweg die Verbindung zwischen dem Fischerkietz und dem neu gestalteten Kulturpark herstellen.