5 - Wieckhaus an der Stadtmauer Georg-Kurtze-Straße 4/5


Bild 5 - Wieckhaus an der Stadtmauer Georg-Kurtze-Straße 4/5


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Entlang des in weiten Teilen erhaltenen Stadtmauerrings existierten früher über 20 sogenannter Wieckhäuser. Einige dieser Bauten haben sich erhalten. Sie wurden im Rahmen der Städtebauförderung im Zuge der Sanierungsarbeiten zwischen 1995 und 2014 durch die Stadt Strausberg mit einem Millionenaufwand restauriert. Viele von uns kennen Wieckhäuser von der Stadtmauer in Neubrandenburg, wo sie als freundlich anmutende Fachwerkgebäude dem Wohnen dienen.

Ursprünglich hatten diese Verteidigungsbauten zwei Funktionen: Einen Hinweis gibt eine abweichende Schreibweise als „Weichhaus“. Nein, weich im Wortsinn sind diese Steinbauten natürlich nicht. Vielmehr weichen sie oft aus der Flucht der Stadtmauer aus. Das gibt ihnen eine wichtige statische Funktion. Ungeachtet ihrer massiven Ausführung würde der etwa 1.800 Meter lange Stadtmauerring selbst zur Instabilität neigen. Im Mittelalter wurden von Angreifern Rammböcke eingesetzt, um eine Stadtbefestigung zum Einsturz zu bringen. Die in regelmäßigen Abständen quer angeordneten Wieckhäuser gaben der Mauer eine größere Stabilität.

Eine weitere Aufgabe leitet sich aus dem Vorstehen der Wieckhäuser ab. Die Bauten waren nach innen offen, doch unter der Mauerkrone gab es eine hölzerne Plattform. Geschützt durch Zinnen konnten die dort wachenden Verteidiger in früheren Jahrhunderten aus erhöhter Position das Vorfeld der Stadtmauer einsehen. Eventuelle Angreifer am Fuß der Mauer bekämpften sie von oben herab mit Pfeil und Bogen oder der Armbrust. Wir müssen dazu wissen, dass es beim Bau der Stadtmauer Mitte des 13. Jahrhunderts noch keine Feuerwaffen oder Kanonen gab, mit denen Feinde die Stadtmauer und Verteidiger aus größerer Entfernung hätten bestreichen können.

Ein schönes Beispiel eines Wieckhauses ist auf der Seeseite des Grundstücks Georg-Kurtze-Straße 4/5 überkommen. Leider kann es nur mit Zustimmung der Eigentümer bei Führungen besichtigt werden. An dem Halbschalenturm sind an der Krone noch die Zinnen erhalten. Auf der Innenseite weisen Löcher im Mauerwerk auf die Lage der Balken für die eingebauten Plattformen hin. Das eindrucksvolle Bauwerk legt ein beredtes Zeugnis darüber ab, mit welcher Ernsthaftigkeit unsere Vorfahren den Schutz ihrer Stadt, der Menschen, des Viehs und der Habseligkeiten betrieben. Übrigens gehört die denkmalgeschützte Stadtmauer auch bald acht Jahrhunderte nach ihrer Entstehung weiterhin der Stadt Strausberg.